Willich, 22.09.2017. Der Gesetzgeber hat in der sommerlichen Pause am 22.07.2017 ein „Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz bei Genossenschaften – Abkürzung: GenTraG“ veröffentlicht. „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, möchte man meinen. Dahinter verbirgt sich kein neues Gesetz, sondern die neuerliche Änderung des 1867 vom Abgeordneten Hermann Schulze aus Delitzsch in den Preußischen Landtag eingebrachten Genossenschaftsgesetzes“, erklärt Genossenschaftsberater und Genossenschaftsgründer Olaf Haubold. Die Taktfrequenz werde laut Haubold immer kürzer. Ob die Änderungen dem Bürokratieabbau und der Transparenz oder anderen Zielen dienten, werde man sehen.
„Zum
Thema Bürokratieabbau kann man meinen, dass die Weitergabe der Satzung in Druckform
bei der Aufnahme eines neuen Mitgliedes nunmehr unterbleiben kann, wenn die
Satzung im Internet unter der Adresse der Genossenschaft abrufbar ist und dem
Antragsteller ein Ausdruck der Satzung angeboten wird“, so Olaf Haubold. Ganz
in die andere Richtung fallen dann neue Formulierungen wie: „Bestimmt die
Satzung weitere Zahlungspflichten oder eine Kündigungsfrist von mehr als einem
Jahr, so muss dies in der Beitrittserklärung ausdrücklich zur Kenntnis genommen
werden.“ Hier bestehe also noch Unklarheit.
Insgesamt
beträfen die Änderungen 78 Textpassagen oder Einfügungen im Gesetz. Die
Vorstände und Aufsichtsräte von Genossenschaften seien also gut beraten, sich
mit ihren Genossenschaftsverbänden zu beraten und sich über die Änderungen und
ihre Auswirkungen informieren zu lassen, wie dies Schwerpunkt der
Beratungsleistungen der Cooperative Consulting eG von Genossenschaftsberater
Olaf Haubold sei.
„Die
aus meiner Sicht wesentlichste Änderung betrifft die Einfügung des Paragraphen
21b ‚Mitgliederdarlehen’. Mit dem Kleinanlegerschutzgesetz hat der Gesetzgeber
die Darlehen mit qualifiziertem Nachrang zur Vermögensanlage erklärt“, erklärt
Haubold. Nun sei es aber im Genossenschaftswesen schon lange bewährte Praxis,
dass Mitglieder die Projekte ihrer Genossenschaft sowohl mit
Genossenschaftskapital (EK), als auch über Darlehen (FK) finanzieren. Da
Genossenschaften Ausnahmetatbestände im Vermögensanlagengesetz und im KAGB
genießen, blieb dem Gesetzgeber 2015 nichts weiter übrig, als auch hier
Ausnahmen zuzulassen. Im Ergebnis ging den Banken möglicherweise zu viel
Geschäft verloren, sodass man beim Gesetzgeber insistiert hat, tätig zu werden.
„Das Ergebnis ist die erwähnte Einfügung“, so Haubold. Da der §21b nunmehr
weiter die genossenschaftliche Praxis unterstreicht, sie jetzt aber –
„bürokratieabbauenderweise“ – regelt, hat sich das Thema mit der Festlegung
durch die Obergrenze von 1,5 % Zinsen pro Jahr wohl selbst erledigt.
Eingangs
war ja schon Hermann Schulze aus Delitzsch erwähnt worden. Dem Gesetzgeber
sollte zugerufen werden, dass die Gründerväter des Genossenschaftsgesetzes und
der Genossenschaftsbewegung in Deutschland, die jüngst Weltkulturerbe geworden
ist, mal Prinzipien für Genossenschaften aufgestellt haben. Die lauten: „Selbstbestimmung,
Selbstverwaltung und Selbstkontrolle durch die genossenschaftlichen
Prüfungsverbände bei absoluter Staatsferne!“ „Die Einhaltung dieser Prinzipien
ist Bürokratieabbau genug und die Transparenz wird in den jährlichen
Generalversammlungen gewährleistet“, meint Olaf Haubold.
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