Muss das Geschäftsguthaben eines
Mitglieds eine Genossenschaft eingesetzt werden, um z. Bsp. Prozesskosten zu
finanzieren? Oder ist das Geschäftsguthaben „Schonvermögen“ nach SGB XII?
„Wieder
einmal bewegen uns Fragen von Mitgliedsgenossenschaften. Im aktuellen Fall ist
es eine junge alleinerziehende Mutter, die Prozesskostenhilfe beantragen muss,
um die Unterhaltsleistungen des Erzeugers ihrer Kinder einzuklagen. Das Gericht
erwartet dabei, dass das Geschäftsguthaben an einer Genossenschaft einzusetzen
ist“, sagt Genossenschaftsberater und Genossenschaftsgründer Olaf Haubold,
Vorstand bei der Cooperative Consulting eG.
Moralisch
wolle man hier gar nicht bewerten, ob diese junge Mutter die Vorsorge ihrer
Kinder aufs Spiel setzen muss, um die berechtigten Unterhaltsleistungen zu
erstreiten, so Genossenschaftsberater Haubold. Vielmehr ginge es um die
Einordnung und Bewertung von genossenschaftlichen Geschäftsanteilen und
Geschäftsguthaben und die Beurteilung im Sinne des sogenannten Schonvermögens
nach dem Sozialgesetzbuch (SGB).
„Um eine
Einordnung vornehmen zu können, inwieweit es zumutbar, durchführbar und
angemessen ist, Ihre Beteiligung als Prozesskosten einzusetzen und ob derartige
Beteiligungen dem „Schonvermögen“ zuzurechnen sind, muss vorerst eine
grundsätzliche Bewertung des Geschäftsguthabens werden“, meint Genossenschaftsberater
Olaf Haubold.
„Das
Geschäftsguthaben drückt (nach Beuthien
GenG § 7 Rn.5) nicht den gesamten Vermögenswert der Mitgliedschaft aus,
sondern gibt nur diejenige Vermögensbeteiligung des Mitglieds an, die (gem. §
337 I 1 HGB) in der Bilanz als solche erscheint und die dem Mitglied gem. § 73
II 1 und 2 beim Ausscheiden auszuzahlen
ist. Das Geschäftsguthaben erstreckt sich (wie 73 II s Hs 2 zeigt) nicht
anteilig auf die Rücklagen und das sonstige Vermögen der eG, gibt also nicht
den vollen Vermögenswert der Mitgliedschaft wieder….Als förderzweckgebundene
Kapitaleinlage unterliegt es dem allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsatz
der Kapitalerhaltung. Dementsprechend darf es dem Genossen während der
Mitgliedschaft nicht ausgezahlt werden (§ 22 IV 1). Das Geschäftsguthaben ist
ein in der eG mitgliedschaftsrechtlich gebundener Vermögenswert, aber kein
subjektives Recht. Es kann daher als solches während der Dauer der
Mitgliedschaft nur gem. § 76 I auf einen Mitgenossen übertragen und weder der
eG (§ 22 IV) noch einem Dritten gem. §§ v1273 ff BGB verpfändet werden. Es ist
als solches auch nicht pfändbar.“
Nach §
115 Abs. 3 S. 1 ZPO ist zur Prozessführung zumutbares Vermögen einzusetzen. In
Bezug auf die Genossenschaftsbeteiligung handelt es sich jedoch um einen
mitgliedschaftsrechtlich gebundenen Vermögenswert, der nur nach einer Kündigung
und im Zuge einer Auseinandersetzung mit der Genossenschaft für einen möglichen
Einsatz zufließen würde. „Da das Genossenschaftskapital nicht verpfändet werden
darf, kann es folglich auch nicht beliehen werden, um daraus kurzfristige
Liquidität generieren zu können“, ist sich Haubold sicher.
Würden
im vorliegenden Fall die Geschäftsanteile heute gekündigt werden, könnte das
Mitglied nach satzungsgemäßer Kündigung zum 31.12.2019 frühestens nach der
Generalversammlung, die über den Jahresabschluss zum 31.12.2019 beschließt,
demzufolge frühestens zum 01. Juli 2020 über die finanziellen Mittel daraus
verfügen, um sie zur Prozessführung einzusetzen.
Genossenschaftsberater
Olaf Haubold.: „Der Einsatz des Geschäftsguthabens kann demzufolge rein
genossenschaftsrechtlich nicht zum Einsatz kommen.“
Eine
Beurteilung, ob das Geschäftsguthaben dem „Schonvermögen“ nach § 90 SGB XII
unterliegt, erübrigt sich an dieser Stelle, obwohl die Kündigung der
Geschäftsanteile wie oben beschrieben auch nach § 90 SGB XII Abs. (3) „..für
die unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei
der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit
eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen
Alterssicherung wesentlich erschwert würde.“
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