Willich, 26.04.2017. „Auf was man nicht alles achten muss“, meint Genossenschaftsberater und Genossenschaftsgründer Olaf Haubold, Vorstand bei der Cooperative Consulting eG und spielt damit auf einen aktuellen Fall an, den er derzeit mit einem Amtsgericht wegen der Eintragung einer neu gegründeten Genossenschaft hat.
Zum
Hintergrund: Schlägt man heute das Genossenschaftsgesetz auf, finden sich im
Paragrafen 1 folgende Beschreibungen, die das Wesen der Genossenschaften definieren:
(2) Eine Beteiligung an Gesellschaften und sonstigen Personenvereinigungen einschließlich der Körperschaften des öffentlichen Rechts ist zulässig, wenn sie
1. der Förderung des Erwerbes
oder der Wirtschaft der Mitglieder der Genossenschaft oder deren sozialer oder kultureller Belange
oder,
2. ohne den alleinigen oder
überwiegenden Zweck der Genossenschaft zu bilden, gemeinnützigen Bestrebungen
der Genossenschaft zu dienen bestimmt ist.
Bis zur
Genossenschaftsgesetzesnovelle im Jahr 2006 wurden in diesem Gesetz noch die
Arten der Genossenschaften dargestellt. Es sind das:
·
Vorschuss-
und Kreditvereine
·
Rohstoffvereine
·
Vereine
zum gemeinschaftlichen Verkauf landwirtschaftlicher oder gewerblicher
Erzeugnisse (Absatzgenossenschaften)
·
Vereine
zur Herstellung von Gegenständen und zum Verkauf derselben auf gemeinschaftliche
Rechnung (Produktivgenossenschaften)
·
Vereine
zum gemeinschaftlichen Einkauf von Lebens- oder Wirtschaftsbedürfnissen im großen und Ablass im kleinen
(Konsumvereine)
·
Vereine
zur Beschaffung von Gegenständen des landwirtschaftlichen oder gewerblichen Betriebes und zur Benutzung auf gemeinsame
Rechnung.
·
Vereine
zur Herstellung von Wohnungen.
„Die
Novelle hat den Paragrafen 1 komplett neu gefasst und auf die Nennung der Arten
der Genossenschaften
verzichtet, gleichwohl gibt es sie natürlich noch. Und dies aus gutem Grund,
denn die Innovationsfähigkeit der Genossenschaften sprengte längst den
ursprünglich durch den Gesetzgeber
geschaffenen Rahmen einzelner, beispielhafter Nennungen“, so der Genossenschaftsgründer
Olaf Haubold.
„Doch
genau dies machte sich ein Amtsgericht zunutze und vertrat die Auffassung, dass
der Betrieb eines Restaurants in der Rechtsform der Genossenschaft dem im Paragrafen
1 erläuterten Fördergrundsatz entgegenstehen
würde und so die Eintragung zu verweigern wäre“, so der Vorstand der
Cooperative Consulting eG.
„Und
hier irrt das Amtsgericht natürlich“, meint Haubold. Die besondere Eigenart der Produktivgenossenschaften
sei es ja gerade, dass sich die Gründer – hier Restaurantleiter, Köche und
Kellner – zur gemeinschaftlichen Herstellung und Verwertung – hier Speisenangebote
– zusammenschließen. Anders
als bei allen anderen Arten von Genossenschaften stellte Produktivgenossen ihre eigene
Arbeitskraft der Genossenschaft zur Verfügung. Sie sind Beschäftigte ihrer
eigenen Genossenschaft und damit mittelbar Unternehmer und Mitarbeiter
zugleich.
Hierbei
sei es entscheidend, ob sich die Mitglieder mittels des gemeinsam getragenen
Unternehmens eine naturale Förderleistung erwirtschaften. Insoweit besteht der
Förderzweck einer Produktivgenossenschaft
in der bestmöglichen erwerbswirtschaftlichen Verwertung der Arbeitskraft ihrer
Mitglieder. „Also in der gemeinschaftlichen unternehmerischen Vermarktung der
eigenen Arbeitskraft“,
merkt Genossenschaftsgründer Olaf Haubold an. „Wir werden den Gründern
natürlich helfen, ihre Gründungsidee umzusetzen und mit dem Rechtsmittel der
Beschwerde dem Amtsgericht auf die Sprünge helfen.“
Beispielsweise
gäbe es in den ca. 8.200 Genossenschaften in Deutschland eine Reihe von handwerklichen
Friseurgenossenschaften, die ihren Förderzweck auch nicht dadurch erreichten,
dass sie nur ihren Mitgliedern die Haare schneiden.