„Der Bundesgerichtshof hat unlängst in zwei Fällen ((Az. XI ZR
185/16 und Az. XI ZR 272/16) entschieden, dass Bausparverträge von Seiten der
Bausparkassen einseitig gekündigt werden dürfen, wenn sie mehr als zehn Jahre
zuteilungsreif waren, aber nicht zum Bauen genutzt werden“, erklärt
Genossenschaftsberater und Vorstand der Genossenschaft Cooperative Consulting eG, Olaf Haubold. Die Richter betonten die
Rechtmäßigkeit der Kündigungen aus einem aus dem Paragrafen 489 BGB
abgeleiteten Sonderkündigungsrecht. Diese Entscheidung dürfte den Bausparkassen
Einsparungen in Millionenhöhe bringen, da sie sich hierdurch von Vertragspartnern
trennen können, die ihre Verträge in Anbetracht von drei bis vier Prozent Verzinsung
zum Sparen und nicht zum Bauen nutzen. Da auch die Bausparkassen derartige
Verzinsungen nicht mehr erwirtschaften können, gehen ihnen solche Forderungen
natürlich an die Substanz. Medien zufolge dürften bislang bereits 260.000
Verträge dieser Art gekündigt worden sein. Wie hoch die nun weiterhin
anstehende Kündigungswelle ausfallen könnte, kann dabei nur geschätzt werden.
„Für die Bausparkassen also eine gute Entscheidung. Und für die Bausparer?“,
fragt Haubold.
Hausgemachte Probleme
Für
Haubold sind viele Probleme hausgemacht. „Die ‚Bausparfüchse’ werben mit dicken
staatlichen Förderungen aus dem 5. Vermögensbildungsgesetz und dem Wohnungsbauprämiengesetz
zum Abschluss von Bausparverträgen, wohl wissend, dass die Menschen, die diese
Förderungen genießen, wohl nie Wohneigentum erwerben. Denn mit den gesetzlich
vorgeschriebenen Einkommensgrenzen reicht das Geld oft nur zum Leben, aber
nicht zum Hausbau“, so Haubold. Sind dann einige Jahre angespart, bleibt der
Bausparvertrag eben stehen. Bausparguthaben über 70 Milliarden Euro sollen so
angespart sein. Die Darlehensquoten liegen dabei geschätzt zwischen 18 und 25
Prozent. „Wenn man bei positiver Betrachtung für 25 Prozent der Verträge
Darlehnszinsen von 1,5 bis 2 Prozent einnimmt, auf der anderen Seite für 75 Prozent
der Sparer Guthabenzinsen von bis zu 4 Prozent ausschütten muss, dann kann man
als Bausparkassenvorstand schon ins Grübeln kommen“, meint Genossenschaftsberater
Haubold. Insofern seien die Kündigungen nachvollziehbar, allerdings sollte der
Gesetzgeber vor diesem Hintergrund über die Sinnhaftigkeit der Einkommensgrenzen
beim 5. Vermögensbildungsgesetz und dem Wohnungsbauprämiengesetz nachdenken.
Genossenschaften
bieten Alternativen
Genossenschaftsberater
Haubold sieht gerade bei Genossenschaften und der damit verbundenen Wohnungsbauförderung
eine sinnvolle Alternative, die so vom Gesetzgeber mit dem 5. Vermögensbildungsgesetz
und dem Wohnungsbauprämiengesetz eigentlich gewollt war: „Die Bausparer könnten
in großem Stil Genossenschaftsanteile erwerben, oder noch besser, die
Bausparverträge gegen Genossenschaftsanteile großer Wohnungsgenossenschaften
eintauschen, klassisch eine Sacheinlage machen. Ein Deal, von dem drei Partner
partizipieren würden. Der ehemalige Bausparer könnte als Mitglied einer großen
Wohnungsgenossenschaft sein Genossenschaftskapital verzinst bekommen und hätte
alle Rechte eines Genossenschaftsmitgliedes. Die Bausparkasse wird ihre
Probleme los und kann Darlehen ausreichen und zweckbestimmt Geld verdienen. Und
die Wohnungsgenossenschaft erhält Eigenkapital und kann damit zu günstigen
Konditionen Darlehen aufnehmen und ihrerseits bauen“, erklärt er. Doch bislang
würde dieses Thema nur am Rande diskutiert, hätte noch keinen Einzug in die
Politik gefunden. „Das ist völlig unverständlich“, so Cooperative Consulting-Vorstand Haubold.
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